Über diese Frage reden sich manche NABU-Mitglieder noch heute die Köpfe heiß.
Zur Zeit der Gründung unseres Vereins und noch Jahrzehnte später war das Füttern eine der wichtigsten Vogelschutzmaßnahmen der Mitglieder, neben dem Aufhängen von Nistkästen. Erst später kamen Zweifel auf und die negative Haltung nahm zu. Heute ist der NABU wieder eher positiv eingestellt. Aber nicht alle Mitglieder sind diesen Weg mit gegangen. „Unsere Umwelt ist so verarmt, dass die Vögel auf unsere Hilfe angewiesen sind!“ und „Wir verweichlichen die Vögel – sie verlernen, sich selbst zu ernähren.“ – zwischen diesen Extremen findet man jede Meinung.
Stellungnahme des NABU-Landesverbandes Baden-Württemberg (2007), gekürzt:
"Füttern ist erlaubt. Man erreicht aber nur Arten, die häufig sind. Es ist daher nicht wirklich nötig. Man sollte nur füttern, wenn Schnee die Futtersuche erschwert.
Durch Füttern erhellt man sich die Wintertage, lernt Arten kennen und verbessert den Kontakt zur Natur.
Füttern ist kein Ersatz für Arten- oder Naturschutz."
In unserer Ortsgruppe Ulm/Neu-Ulm sieht man die Fütterung noch positiver, denn:
In vom Menschen besiedelten Gebieten herrscht für Vögel (und andere Wildtiere) erheblicher Futtermangel, vor allem im Winter. Es fehlen „ungepflegte“ Grünflächen, einheimische Blütenpflanzen mit reichem Nektar-Angebot, samentragende Stauden, die im Winter stehen bleiben dürfen, früchtetragende Sträucher und Bäume. Gärten werden zu Kieswüsten, grüne Randstreifen werden totgepflegt oder verschwinden ganz, und auf dem Lande herrscht industrielle Landwirtschaft, ungeeignet für Wildtiere. Im Sommer gibt es viel weniger Insekten als früher, im Winter kaum Samen, die von Vögeln gefressen werden können.
Fotos: Wiltrud Spiecker
Woher soll also die Nahrung kommen, wenn wir kein Winterfutter anbieten? Viele von uns sprechen sich sogar für eine Ganzjahresfütterung aus, als Zusatzangebot, um das knappe natürliche Futterangebot zu ergänzen.
Klar, man erreicht mit dem üblichen Angebot keine "Seltenheiten", wie Eisvögel oder Baumläufer. Aber man sorgt dafür, dass nicht auch noch andere Vogelarten zu Seltenheiten werden. Unter Umständen kann man sogar Populationen neu aufbauen.
Wenn der Platz ausreicht, sollte man mehrere Futterplätze einrichten, so dass die Vögel Konkurrenten ausweichen können.
Die Futterplätze müssen so übersichtlich sein, dass sich keine Katzen anschleichen können.
Futterplätze sollten mehrere Meter weit von Fensterfronten entfernt sein, sonst können Vögel im Streit oder Schreck leicht dagegen prallen. Wenn das nicht möglich ist, kann man das Futterbrett auch unmittelbar am Fenster platzieren: Dann stoßen die Vögel beim Auffliegen vielleicht an, aber sie haben noch keine hohe Geschwindigkeit erreicht und der Anprall bleibt folgenlos.
Futter soll vor Regen und Schnee geschützt sein. Feuchtes Futter kann faulen, schimmeln oder hart gefrieren.
Einmal pro Woche sollte man die Futterplätze ausfegen oder auswischen. Pflegeleichter sind Futtersäulen oder Futtersilos.
Eine Tränke sollte auch nicht fehlen (vor allem im Sommer). Das Wasser wechselt man je nach Verschmutzungsmöglichkeiten täglich oder wöchentlich. Dabei bürstet man die Tränke aus.
Wildvögel füttern ist generell erlaubt, aber oft gibt es örtliche Verbote, Tauben zu füttern.
Wenn Tauben angelockt werden könnten, stellen Sie die Futtergefäße so, dass Tauben sie nicht erreichen können – z.B. ein weitmaschiges Gitter darüber stülpen, das Futter in einem alten Wellensittichkäfig anbieten, als Futter nur Meisenknödel aufhängen …
Wenn Ratten angelockt werden könnten, gilt dasselbe! Achten Sie darauf, zu welchen Zeiten das Futter „verschwindet“. Geschieht das über Nacht, ist es verdächtig! Ratten sind leider sehr geschickt darin, Futterplätze zu erreichen.
Wenn Sie auf dem Balkon füttern, wählen Sie Futtersorten, die wenig Abfall verursachen. Nehmen Sie z.B. Meisenknödel, geschälte Sonnenblumenkerne, geschälte andere Sämereien, Haferflocken o.ä.
Das hängt vor allem davon ab, welche Vogelarten man erreichen will. Mit den handelsüblichen Winterfuttersorten hilft man den Arten, die auf der Packung abgebildet sind, und das sind die wichtigsten Haus- und Gartenvögel. Wenn man sich den Inhalt der Packungen ansieht, lernt man vieles über die Ansprüche dieser Arten:
Meisen fressen im Sommer vorwiegend Insekten, im Winter Körner, die sie einzeln aufhacken. In Meisenknödeln und –ringen sind Körner und manchmal noch weitere Bestandteile in Fett eingegossen. Fett ist ein wichtiger Energiespender, vor allem im Winter, und die Körner enthalten die anderen Nährstoffe. Das Aufhängen der Knödel, Ringe oder Blöcke sorgt dafür, dass das Futter praktisch nur für kletterfähige Vögel erreichbar ist, also Meisen, Kleiber und möglicherweise Spechte. Die herabfallenden Krümel werden von Spatzen, Amseln und Finken aufgepickt – sie mögen diese Nahrung auch, nur können sie sie meistens nicht erreichen!
Streufutter für Körnerfresser holen sich Spatzen, Finken, Meisen und, in Grenzen, auch Amseln.
Streufutter für Drosseln und andere „Weichfresser“ ist nicht so hart und deshalb bei Amseln und Staren beliebt, aber bei Hunger gehen auch andere Arten daran. Wenn man sich die Bestandteile ansieht, erkennt man, dass man dieses Futter auch leicht selbst mischen kann: Haferflocken mit Speiseöl verrühren und Rosinen und gehackte Nüsse beimischen. Aufwändiger ist es, Meisenknödel herzustellen - hier ein Rezept.
Überhaupt ist das Selbst-Mischen eine Möglichkeit, Kosten zu sparen. Entscheiden Sie selbst!
Buchempfehlung: Peter Berthold, Gabriele Mohr: Vögel füttern, aber richtig,
Kosmos-Verlag.